
Orbán startet Kampagne für Gastarbeiter: Echo der Anti-Migrant-Rhetorik von 2004

Der politische Diskurs um die doppelte Staatsbürgerschaft und die EU-Mitgliedschaft der Ukraine
Im Jahr 2004 sprach sich die linksliberale Regierung unter Ferenc Gyurcsány gegen die Einführung der doppelten Staatsbürgerschaft für im Ausland lebende ethnische Ungarn aus. Die Argumentation war, dass dies dazu führen könnte, dass Millionen von ihnen nach Ungarn ziehen würden, was die ungarische Infrastruktur überlasten könnte. Heute geht die Regierung von Viktor Orbán in einer ähnlichen Rhetorik gegen die mögliche EU-Mitgliedschaft der Ukraine vor und behauptet, dass dies die ungarische Wirtschaft destabilisieren und einen Massenzuzug ukrainischer Bürger nach Ungarn nach sich ziehen könnte.
Eine alte Bedrohung: 23 Millionen rumänische Gastarbeiter
Während des ersten Kabinetts von Orbán (1998–2002) wurde ein Kompromiss mit Rumänien über die Beschäftigung rumänischer Staatsangehöriger erzielt. Diese Vereinbarung erlaubte es ihnen, für drei Monate in Ungarn zu arbeiten. Die Sozialistische Partei warnte damals, dass dies dazu führen könnte, dass bis zu 23 Millionen Rumänen den ungarischen Arbeitsmarkt überfluten und lokale Arbeitskräfte verdrängen könnten.
Im Jahr 2004 initiierte der Weltverband der Ungarn ein Referendum zur Gewährung der doppelten Staatsbürgerschaft für im Ausland lebende ethnische Ungarn. Die sozial-liberale Regierung warf dem Vorhaben entgegen, dass ungarische Steuerzahler dadurch belastet würden und lokale Arbeitsplätze verloren gingen. Obwohl das Referendum aufgrund einer niedrigen Wahlbeteiligung für ungültig erklärt wurde, stimmte eine knappe Mehrheit von 51,55 % für die doppelte Staatsbürgerschaft.
Orbáns Referendum zur EU-Mitgliedschaft der Ukraine
Aktuell hat die ungarische Regierung ein Referendum zur möglichen EU-Mitgliedschaft der Ukraine ins Leben gerufen. Orbán und sein Kabinett warnen davor, dass der Beitritt der Ukraine zu wirtschaftlichen Problemen führen könnte. Sie behaupten, dass viele Ukrainer nach dem Beitritt in Ungarn leben würden und dass ukrainische Rentner Anspruch auf ungarische Renten hätten. Des Weiteren bestehen Bedenken, dass ukrainische landwirtschaftliche Produkte, einschließlich gentechnisch veränderter Organismen, die Märkte in der EU dominieren und ungarische Landwirte unter Druck setzen könnten. Orbán argumentiert, dass Ungarn EU-Mittel verlieren würde, wenn diese nach Kiew geleitet würden.
Obgleich Orbán die EU-Mitgliedschaft der Ukraine nach der russischen Invasion zunächst unterstützte, äußert er nun, dass ein sofortiger Beitritt unrealistisch sei und dies nicht vor 2030 geschehen könne.
Gastarbeiter aus der Ukraine: Ein fortwährendes Thema
Trotz der rechtspolitischen Rhetorik wird die Anstellung ukrainischer Arbeiter in Ungarn fortgesetzt. Obwohl die Nachfrage aufgrund der wirtschaftlichen Lage sinkt, sind nach wie vor Zehntausende von Ukrainern in Ungarn beschäftigt. Orbán rechtfertigt dies mit der Argumentation, dass zumindest diese Migranten Christen seien, im Gegensatz zu den oftmals als problematisch erachteten illegalen Migranten aus Afrika oder dem Nahen Osten.
Die ungarischen Behörden betonen häufig, dass sie seit der russischen Invasion zahlreiche ukrainische Flüchtlinge aufgenommen haben, wobei die Zahl auf über 11 Millionen geschätzt wird. Allerdings ist die Mehrheit dieser Menschen nicht beabsichtigt, dauerhaft in Ungarn zu bleiben, da sie oft Verwandte in westlichen oder mitteleuropäischen Ländern haben.
Letztlich lässt sich argumentieren, dass selbst im Falle eines EU-Beitritts der Ukraine nicht davon auszugehen ist, dass die ukrainischen Arbeitskräfte dauerhaft in Ungarn bleiben würden.